tour de france.

ich bin mit der tour de france groß geworden. als in deutschland sich noch niemand für die tour interessierte, als die stars der tour noch lemond und fignon hiessen, sassen mein vater und ich bereits in süddeutschland vor dem fernsehen und fieberten mit.

es gab damals noch kein kabelfernsehen und auch die öffentlich-rechtlichen in deutschland übertrugen noch keine tour de france, allerdings wohnten wir nahe des bodensees und hatten daher 3 zusätzliche programme im angebot: das deutsche, französische und italienische schweizer fernsehen. je nachdem wo man die zimmerantenne platzierte, sah man so die deutschschweiz in grisseligem bunt, die französische schweiz in grisseligem schwarz-weiss und die italienische schweiz in stark grisseligem schwarz-weiss mit bildausfällen. die guten tage waren die, wo die etappen durch die deutschschweizer übertragen wurden, die schlechten die, wo besonders schnelle etappen von den italienern ausgestrahlt wurden. das waren die etappen wo alleine durch die bildausfälle die spannung erhöht wurde, weil der vermeintliche leader VOR dem bildausfall NACH dem bildausfall plötzlich weg war und man erstmal rausfinden musste, ob er jetzt vom peloton geschluckt worden oder sonst irgendwas passiert war.

da die übertragung ja in der regel zu arbeitszeiten aber ausserhalb der schulzeiten stattfand, war ich dafür verantwortlich die etappen anzusehen und meinen vater, der immer zwischen zwei patienten aus der praxis im erdgeschoß in den ersten stock gehechtet kam, kurz zu briefen – wo war sein favorit, wo meiner, was machte das hauptfeld, welche gipfel waren schon erklommen, wer war gestürzt….man glaubt nicht, was es alles in kürzester zeit zu berichten gab. bei den großen bergetappen, die wirklich jedes mal unfassbar spannend waren, wo um sekunden gekämpft wurde, wo oft genug die tour entschieden wurde, kam es vor, dass die arzthelferinnen aus der praxis anriefen um meinen vater daran zu erinnern, dass es noch was zu tun gab „kannst du deinem vater bitte mal sagen, dass herr xy schon 3x nachgefragt hat wann er endlich drankommt!?“ wenn die bergetappe im vollsten gang war und es für meinen vater kein auskommen mehr gab und er wieder in die praxis musste, hatte ich die aufgabe ihn jeweils bei der bergankunft anzurufen und mitzuteilen, wer gewonnen hatte. das waren sehr lustige dialoge, weil mein vater nie mehr als ja oder aha oder ach sagen konnte, ich ihm aber mit großer freude mitteilen konnte, dass mein favorit in der gesamtwertung vor seinen gerutscht war.

schwierig waren manchmal die italienischen übertragungen, weil wir beide nichts verstanden und uns aus den bildern selber zusammenreimen mussten was passiert war. es kam immer wieder vor, dass wir am nächsten tag, als die deutschen oder franzosen wieder dran waren, unsere erkenntnisse revidieren mussten und ich vermute französisch habe ich nur deshalb im abitur als prüfungsfach genommen, weil ich durch diese ganzen tourübertragungen richtig gut drin war.

einmal waren wir dann in frankreich im urlaub und haben uns eine etappenankunft in bordeaux angesehen – stundenlanges stehen in brütender hitze, das vorbeifahren diverser werbefahrzeugen und dann machte es ca. 10 sekunden lang „zisch“ und das feld war vorbei. ohne scheiss, man hat nichts gesehen, eine bunte masse, ein surren der ketten und das wars. ich war selten so enttäuscht.

den rest der tour, der zeitlich zufällig auf unseren frankreichurlaub fiel, verbrachten wir ab nachmittags in dunklen französischen dorfkneipen irgendwo in der tiefsten auvergne, wo wir wahrscheinlich noch heute im gespräch sind als die seltsamen deutschen, die ende der 80er in radsportklamotten in kneipen rumstanden und die tour gemeinsam mit jacques, francois und antoine ansahen „tu t´en souviens? les allemands? haha. ridicule!“

uns wars wurscht, ich kaufte halb frankreich leer von irgendwelchen sportzeitschriften und freute mich daran, diesen wahnsinnigen sportlern ganz nahe zu sein. die faszination verschwand nie, wurde aber extremst gedämpft, als die ersten dopingfälle aufkamen. sie waren ja nicht die ersten, aber es war das erste mal, dass doping einen solchen stellenwert in der berichterstattung bekam, dass auch der letzten- sprich mir – klar wurde, dass auch schon meine lieblingsfahrer allesamt gedopt bis unter die hutschnur waren. jahrelang schielte ich zumindest auf die schlusswertung in paris, irgendwann kannte ich keinen einzigen namen mehr.

und dann habe ich letztens die wirklich tolle doku auf netflix angesehen „tour de france – im hauptfeld“ und ich war wie entzündet. all die begeisterung für diesen sport, für die taktik, das leiden, die verausgabung, das extreme, die teams war mit einem schlag wieder da. es dauerte keine 3 folgen, da hatte ich die app „tour tracker“ runtergeladen, keine 5 um zu wissen für wen ich bei der tour `23 die daumen drücke. und so sitze ich gerade vor dem bildschirm, schaue mir die 3. etappe an, fiebere mit und würde mich am liebsten gleich auf mein eigenen rennrad schwingen.

wiederentdekcte leidenschaft – einfach beste.

im innen und aussen.

es liegt eine seltsame diskrepanz in diesem lebensabschnitt – eine verrückte, grossartige zunahme an klarheit und abgrenzungsfähigkeit im inneren, an selbstbestimmtheit, wissen und erfahrung. und im gegenzug eine schwer auszuhaltende veränderung im aussen, dem aussehen. im selben maße wie ich mich innerlich ausdehne und wachse und wachse, runzel ich im wahrsten sinne des wortes im aussen zusammen.

ich war noch nie in meinem leben das, was man landläufig als „hübsch“ oder „schön“ bezeichnen würde. ich war schon immer überzeugender durch mein auftreten, die berühmten inneren werte als durch mein äusseres, der typ „pferdestehlen“ und kumpel. in manchen jahren meines lebens fiel es mir extrem schwer auszuhalten, dass hübschen oder schönen frauen mehr aufmerksamtkeit entgegenbracht wurde, dass alles leichter schien für sie als für mich, glühend beneidet habe ich sie, mich lange jahre bemüht irgendwie mitzuhalten, irgendwann aufgegeben und mehr zu mir gefunden. es waren halt die oberligafrauen, ich immer kreisliga. in anteilen habe ich diese haltung bis heute tief in mir verankert.

nun werde ich demnächst 48, stehe mitten im leben, bin gesund und gesegnet mit unglaublich viel liebe, erfolg, anerkennung, gesundheit. und nach jahren der ruhe holt es mich eben doch wieder ein: mein aussehen, das sich verändert. nicht so wie ich das will sondern wie das alter, die gene, die zeit das für mich vorgesehen hat. es ist phasenweise extrem schwer für mich, die veränderungen auszuhalten, ihnen mit würde und akzeptanz entgegenzutreten. zu sehr ist mein aussehen immer noch mit der würdigkeit der anerkennung in allen bereichen verbunden. und es nervt, es nervt wie verrückt. wie gern würde ich diese aussenbezogenheit endlich hinter mir lassen, mich wahrnehmen als good enough durch alles was ich leiste, was ich für andere bin – meine gaben, fähigkeiten, meine liebe und hingabe an so vieles und viele in den fokus meiner eigenen bewertung stellen und mich diesem grossartigen wachstum im inneren einfach hingeben und mich darüber definieren. stattdessen hadere ich mich veränderungen, hafte an sie meinen selbstwert.

es ist ein tägliches ringen, dieses aussen mit dem innen. und ich wünsche mir so sehr für mich aber auch für alle anderen frauen in dieser lebensphase, ein einverständnis mit dem lauf der zeit und eine friedliche anerkennung des aussen und eine grosse freude und ein ausleben im ganz grossen stil des grossartigen innen.

es ist kompliziert.

vor ein paar tagen hab ich den 4. teil von american pie im fernsehen angesehen. ich bin drüber gestolpert und hängengeblieben. ich weiss nicht mal ob ich den 1. teil je vollständig angesehen habe, aber irgendwie passte nonsense gerade sehr also blieb ich dabei. und ertappte mich dabei, wie ich über die politischen inkorrektesten sachen lachen mussten, über sexistische kackscheisse und ansonsten diskriminierungen aller art. ich war verwirrt – war ich das gerade, die über altersdiskrimierung gelacht hatte? fand ich den sexistischen witz grad echt witzig?

ums kurz zu machen: ja.

ich kam mir vor wie so eine boomerin, die endlich mal wieder lachen darf und es war alles wie früher, als man ohne nachzudenken einfach losgelacht, losgesprochen, laut losgedacht hat. es war einfach, oh so einfach. kein ständiges hinterfragen von begrifflichkeiten, von worten, von ansichten. ich kam mir schrecklich vor und mich hat diese erfahrung lange nicht losgelassen. weil sie mir klar machte, dass sehr viele menschen genau dasselbe empfinden, ob es ihnen nun bewusst ist oder nicht. mir ist klar geworden, dass extrem viel bequemlichkeit und faulheit hinter der verweigerung sich mit den realitäten und bedürfnissen seiner mitmenschen auseinanderzusetzen, steckt. wahrscheinlich oder hoffentlich öfters faulheit und bequemlichkeit als böse absicht. die verweigerungshaltung der man dann begegnet, wenn man drauf aufmerksam macht, entspringt oft einem sehr kindlichen widerstand, diese bequemlichkeit jetzt aufgeben zu müssen als dem tatsächlichen widerstand gegen angemessenen zwischenmenschlichen umgang. davon bin ich überzeugt.

ich glaube, dass wir alle von zeit zu zeit aus kindlichen anteilen heraus auf eine als elterlich wahrgenommene aufforderung reagieren. die reaktion ist dann entweder trotz oder anpassung. und ich bin nach der eigenen erfahrung davon überzeugt, dass bei vielen menschen genau dieser kindliche anteil („ich will machen was ich will! und wie ich will!“) getriggert wird, wenn die aufforderung nach differenzierterer auseinandersetzung mit anderen menschen kommt oder ums einfach zu sagen: wenn eine aufforderung kommt, die uns aus der bequemen kindlichen haltung rausholt. mich würde brennend interessieren, ob man bei erwachsenen auf grund ihrer kindheitsprägung darauf schliessen kann, wie sie heutzutage auf die sich verändernde sprache und haltung gegenüber marginalisierten gruppen reagieren. ganz sicher kann man einen zusammenhang zwischen generationaler erziehung und dem umgang mit einer sich verändernden gesellschaftlichen ordnung sehen:

die generation der boomer zum beispiel, die die jahrgänge (je nach forschungsansicht) zwischen 1960-1975 umfasst und die sich mit am schwersten tut mit den veränderungen, war eine ziemlich bevormundete generation von elternseite her, ihre eltern noch weltkriegs – und ideologiegeprägt und unerfahren im zugestehen eines freien kindlichen willens. dass diese generation aufforderungen zur veränderung schneller verwechselt mit einer elterlich-bevormundenden aufforderung halte ich für völlig nachvollziehbar. der widerstand dagegen ist immanent (siehe straßenverkehr, siehe gendern, siehe klimawandel, siehe coronamaßnahmen), eine emanzipierte loslösung von den eltern hat wohl nicht so gut stattfinden können, wenn man davon ausgeht, dass diese sehr restriktiv und streng in ihrem erziehungsstil waren. die lösung dieser „kinder“ lag im widerstand – im kindlich-trotzigen. (oder in der anpassung, die aber auch eher destruktiv war, deswegen gibt es in dieser generation auch eine hohe zahl an depressiv erkrankten) diesen behalten sie bis heute – alles was apellativ daher kommt, zur änderung des bisherigen als natürliches recht angenommenen aufruft: hinfort damit, ich darf (endlich) machen was ich will und das ist mein gutes recht.

da ich selbst einen großen kindlichen trotzanteil in mir trage und mich elterliches schnell mit widerstand erfüllt, kann ich das sehr gut nachvollziehen. allerdings bin ich mir dessen bewusst, kann mich selbst einfangen und mich in die lage versetzen, den widerstand zu überwinden und mich auseinanderzusetzen mit den sich verändernden gegebenheiten.

was bedeutet denn diese erkenntnis, wenn sie denn überhaupt stimmt, aber nehmen wir mal an das, was bedeutet das nun im umgang mit menschen, die sich weigern zu gendern oder weiter sexistische sprüche loslassen oder poc`s diskrimieren und lgbtqia+ für spinnerei halten?

ich glaube, ein anfang wäre dieses prinzips des widerstands erstmal zu normalisieren im sinne, dass es tatsächlich normal und verständlich ist, dass eine*r keinen bock darauf hat, seine faulheit aufzugeben. es ist kompliziert und anstrengend etwas zu verändern, was man immer gewöhnt war (schon mal versucht rauchen aufzuhören?). es ist kompliziert und anstrengend sich informationen zu beschaffen, diese zu verstehen, sie in sich und seinem leben zu integrieren und zu leben, auch in abgrenzung vielleicht zum eigenen umfeld, das ganz anders drauf ist. es werden da mit einem schlag solche baustellen aufgemacht, das muss man echt erstmal wollen, wir alle kennen das doch von uns selbst.

ich weiß, dass es viele gibt die sagen, sie haben keinen bock mehr darauf, geduldig und verständnisvoll zu sein. es könne erwartet werden, dass jeder sich einfach mal zusammenreisst, es ist ja nicht die welt und so schwer auch nicht. ich verstehe das. aber die frage ist – welchen sinn hat diese haltung, wenn sie dadurch leute in den widerstand treibt, die vielleicht mit einer anderen herangehensweise in der lage wären, sich tatsächlich für neues zu öffnen? und wer sollte diese geduld und das verständnis aufbringen? auf jeden fall nicht die marginalisierten gruppen, die mit recht ihr recht einfordern und nicht diejenigen sein sollten, nach unendlichen diskrimierungserfahrungen weiterhin geduld und verständnis aufbringen zu müssen.

aber wir, die wir privilegiert in so vielen bereichen sind, die strukturelle ungerechtigkeiten und diskriminierungen erkannt und verstanden haben, die wir worte haben um dinge zu erklären, so dass widerstände überwunden werden. wir haben – auch das ein privileg – alles, um andere mitzunehmen, aus ihrer faulheit zu holen und zum denken anzustiften.

bindung und beziehung.

nachdem ich heute erneut gelesen hatte, dass es für eine offene beziehung reichen würde, dass man gut kommunizieren kann muss ich jetzt doch endlich mal was zum thema offene beziehung bez. nicht-monogame beziehung schreiben. es nervt mich schon seit langem wie vereinfacht das leben einer nicht-monogamen beziehung dargestellt wird oder wie sehr die monogame beziehung in den verruf gerät ausschliesslich aus nicht kommunizierenden personen zu bestehen. (ich fasse übrigens mal alle nicht-monogame beziehungsmodelle unter diesem namen zusammen, auch wenn es da eine reihe von unterschieden gibt – mir geht es aber nur darum zu unterscheiden zwischen monogam und nicht-monogam, sprich es gibt entweder 1:1 oder 1:2 oder mehrere beziehungspartner.)

ich arbeite seit jahren mit paaren und habe dabei viele hundert paare in ihrem leben und trennen als paar begleitet und dabei eine vielzahl von versuchen erlebt beziehung neu zu gestalten bez. umzugestalten. unter anderem auch über neue beziehungsmodelle. und ich habe dabei festgestellt, dass kommunikation nur eine komponente ist – wichtig zwar – aber ob nicht-monogame beziehungen (und übrigens auch monogame) scheitern oder nicht hängt meiner erfahrung nach maßgeblich mit dem eigenen bindungsstil und im weiteren mit dem matchen des eigenen bindungsstil mit dem der primären partnerperson zusammen. und das ist ein punkt der ständig vernachlässigt wird.

es gibt 3 bindungsstile, sicher, unsicher-vermeidend, unsicher-ambivalent. grob, wirklich ganz grob kann man sagen, dass sicher gebundene menschen, ausreichend aufmerksamkeit und zuwendung bezügl. ihrer bedürfnisse als baby und kleinkinder erhalten haben und als einigermaßen ihrerselbst sichere menschen durchs leben gehen. unsicher-vermeidende waren zwar vordergründig pflegeleichte kinder, die wenig gefühle gezeigt haben aber nur, weil sie ihre starken emotionalen gefühle weitestgehend unterdrückt haben, weil sie wussten, dass nicht angemessen darauf reagiert wird und sies lieber gelassen haben weiter darauf zu bestehen zb. durch schreien. diese menschen sind als erwachsene eher distanzierte menschen, die wenig emotion zeigen bez. sich gut im griff haben diesbezüglich. der unsicher-amivalente hat hin und wieder eine angemessene antwort auf seine bedürftigkeit als baby und kleinkind erhalten, aber manchmal eben auch nicht, was zur folge hat, dass er gerne kontrolliert und von verlustangst geprägt ist. niemand hat nur einen bindungsstil, aber einen mehrheitlich prägenden. grob sagt man ca. 50% sicher gebunden, ca. 30% unsicher-vermeidend, ca. 20% unsicher-ambivalent. es gibt noch eine geringe % zahl desorganisiert gebundener menschen, aber das kommt in dieser ausprägung selten vor und ist bereits psychopatahologisch.

nicht nur, dass wir alleine schon die auswirkungen des jeweiligen bindungsstil spüren, in kombi mit anderen bindungsstilen (zb. in partnerschaften) wirds besonders spassig, weil nicht jeder bindungsstil zum anderen passt bez. abhängigkeiten entstehen oder auch sehnsüchte nach sicherheit nie erfüllt werden. wir schleppen also alle ein gewisses inneres beziehungsmodell (zb. ich kann mir selbst gut sicher heit geben oder bevor ich enttäuscht werde, mach ich lieber alles mit mir aus oder wenn ich meine bedürfnisse kommuniziere, werde ich nicht mehr geliebt) mit uns rum, dass uns maßgeblich geprägt hat und dessen man sich nicht unbedingt bewusst ist. also führen wir beziehungen, die im beziehungskontext die abbildung desjenigen bindungsstil und beziehungsstils ist, welchen wir hauptsächlich in unserer frühen kindheit erfahren haben.

was ich sagen will: ob eine nicht-monogame beziehung oder auch monogame beziehung klappt oder nicht hängt weit aus mehr mit dem jeweilig erfahrenen bindungsstil und dem matchen zu dem bindungsstil der primärbeziehungsperson zusammen als mit gelingender kommunikation. matchen die stile, kommt die kommunikation von alleine. nur – die stile matchen leider in den meisten fällen nicht. habe ich einen unsicher-vermeidenden bindungstil erfahren und komme mit einer person zusammen, die entweder ebenfalls unsicher-vermeidend oder unsicher-ambivalent ist, und in eine offene beziehung starten will passiert folgendes: ich kann wahrscheinlcih wunderbar in eine sekundäre beziehung starten weil mir eifersucht eher fremd ist (ich hab ja gut gelernt schwierige emotionen nicht zu fühlen) wohingegen die unsicher- ambivalente person ziemlich sicher am arsch ist, weil sie von verlustangst gebeutelt ist.

spätestens hier wird klar, wie komplex der boden ist auf dem man geht wenn man in beziehung egal mit wieviel personen tritt. und wie prägend und unbewusst beziehungswahl und beziehungsleben ist. deshalb hier mal mein eigener bindungsstil und mein daraus resultierender beziehungsstil:

ich bin unsicher-ambivalent, eine verlustängstliche. auch ein bisschen amibvalent sprich ich gehe gerne in distanz wenn es mir zu emotional wird, aber unsicher-ambivalent ist mein vorherrschendes bindungsverhalten. darüberhinaus habe ich sicher eine bindungstraumatisierung (nochmal ein thema für sich, bitte googeln) erlitten, aber das lasse ich mal aussenvor – grob gesagt: es verschlimmert einfach alles :) ich brauche in beziehung unglaublich viel sicherheit und beständigkeit. ich würde mich nicht als stark eifersüchtig bezeichnen (ambivalent-vermeidender anteil), aber wenn mir mein beziehungshafen verloren geht oder er bedroht ist, ist das für mich ein starker trigger. ich habe mich sehr mit diesem bindungstil auseinander gesetzt, weil er ständig meine beziehungen bedrohte, mich bedrohte und gelingende beziehungen (auch freundschaften) verhinderte. ich würde sagen, dass ich das heute sehr gut im griff habe, mir die thematik bewusst ist, ich neue verhaltensalternativen gelernt habe und eine glückliche beziehung führen kann. was geblieben ist, ist die notwenidgkeit von sicherheit. sie ist immanent, ich kann mit ihr umgehen, kann sie aber nicht auflösen oder beseitigen. das hat in meinem fall nichts mit unvermögen oder mangelnder kommunikation zu tun als viel mehr damit, dass es eine frühkindliche erfahrung ist. eine spur, die so tief gegraben ist, dass ich sie nicht überbetonieren kann. ich kann vielleicht andere wege nebendran benutzen, aber die spur selbst bleibt und ist zu tief in ihrer prägung. für mich käme eine nicht monogame-beziehung daher aus mehreren gründen nicht in frage:

ich brauche die sicherheit einer person, die mit mir in einer beziehung lebt. und zwar ausschliesslich. ein weiteres hinzukommen einer anderen person würde für mich einen so starken trigger bedeuten, der entweder mich oder alle beteiligten wahnsinnig macht oder aber mich in einen so deutlichen rückzug bringen würde, dass so oder so ich nicht mehr beziehungsfähig wäre. ich würde niemandem mehr gerecht werden – mir nicht, meiner primär beziehungsperson nicht, der sekundären auch nicht. für mich persönlich erschliesst sich kein sinn und nutzen in der einer erweiterung meiner beziehung, es würde leid bringen für alle beteiligten. mein glück liegt in der konzentration auf eine beziehungsperson – und schon das ist herausfordernd genug für mich. mit dieser habe ich eine offene, sehr reflektierte kommunikation. innerhalb dieser zweierbeziehung kann ich sowohl mir als auch dem anderen maximale individuelle freiheit zugestehen, ohne mich bedroht zu fühlen in meiner sicherheit. es ärgert mich oft maßlos, wenn monogame beziehungen als hermetisch abgeriegelte, unreflektierte und aufeinanderbezogene beziehungen dargestellt werden. ich kann in meiner beziehung sehr gut für mich alleine sein, ich kann freiheiten zetilicher und örtlicher art beanspruchen und gestehe diese meinem gegenüber zu. meine entscheidung für monogamie ist eine bewusste und reflektiert.

nun ist die monogamie die gesellschaftlich immer noch stark vorherrschende beziehungsform und es wird immer noch automatisiert angenommen wird, dass das eben die „normale“ form einer beziehung ist, so wie eben auch immer schon angenommen worden ist, dass es zwei geschlechter gibt. es ist sehr gut, dass diese strukturen aufbrechen, dass menschen mit ihren individuellen identitäten in ihren gewählten beziehungsformen leben können. was ich schwierig empfinde ist der weg dorthin. ich erlebe oft paare, die aus einer monogamen beziehung heraus in ein nicht-monogames modell wechseln wollen und dieser wechsel in sehr vielen fällen zur trennung führt. abgesehen von sicherlich vielen individuellen gründen weshalb beziehung sich ändert und auch ändern muss ud am ende scheitert, liegt ein grund aber auch immer wieder darin, dass vielen der eigene bindungsstil nicht bewusst ist und die themen, die damit verbunden sind. das sich verändernde gesellschaftliche bild von monogamie und nicht-monogamen beziehungsstilen suggeriert vielen, dass das alles nur eine frage der kommunikation und des guten willens sei, ein loslassen von negativen gefühlen wie eifersucht und neid. dass gerade die eifersucht ihren ursprung im erfahren frühkindlicher prägung hat, ist den meisten nicht bewusst. niemand kann erst mal was dafür eifersüchtig zu sein und niemand kann eifersucht einfach loslassen. wie oft habe ich es schon gelesen oder gehört, dass in seminaren oder büchern zu diesem thema den teilnehmer*innen vermittelt wird, dass man von negativen gefühlen lassen soll, dass man seiner*m Partner*in gönnen soll – was schlicht nicht geht, ohne wissen warum ich überhaupt so fühle. dieses wissen zu bekommen und handlungsalternativen zu erarbeiten um dann vielleicht tatsächlich von eifersucht „loslassen“ zu können dauert unter umständen jahre. und nicht ein seminar. viele menschen erleben sich als unfähig und hilflos wenn sie merken, dass es ihnen einfach nicht gelingen will dem anderen zu gönnen und fragen sich, was mit ihnen falsch ist und die andere beziehungsperson es so gut kann. vielleicht liegt es nur daran, dass die person der es gelingt unsicher-vermeidend oder sicher geprägt ist und die person, der es nicht gelingt unsicher-ambivalent. und genauso erlebe ich immer mehr monogam lebende menschen, die sich fragen ob mit ihnen was nicht stimmt, weil „man ja jetzt altmodisch ist, wenn man noch so lebt wie wir!“ sie fragen sich ob sie was übersehen, ob sie nicht in der lage sind zu kommunizieren, ob sie sexuell tot sind oder langweilig. nichts dergleichen stimmt – der eigene bindungsstil beeinflusst ihr beziehungs(er)leben, er ist da, er geht so schnell nicht weg, er machte sogar mal richtig sinn und hat einen geschützt als kleinkind und es könnte sogar sein, dass der eigene bindungsstil schlicht inkompatibel mit dem des beziehungspartners ist und bleibt. ich rate ja in solchen fällen zur sofortigen trennung.

scherz.

ich würde gerne mut machen und vielleicht ein gefühl dafür geben, warum man tickt wie man tickt und warum manches möglich ist und manches nicht und dass beides nicht schlimm ist. es ist wunderbar ok monogam leben zu wollen und es ist ebenso wunderbar ok nicht-monogam leben zu wollen. nur – es sollte einem bewusst sein, warum man was tut. und es sollte einem bewusst sein, dass es keine frage von kommunikation oder gutem willen ist, ob es funktioniert oder nicht. und es sollte bewusst sein, dass das was für einen selbst möglich ist, nicht automatisch auch für das gegenüber möglich ist und dass dann nicht die frage sein sollte „wollen wir eine offene beziehung?“ sondern „passen wir eigentlich zusammen oder sollten wir uns nicht besser trennen?“

jede für jede.

heute verhandlung. sie sitzt mit 2 kindern unter 2 im saal, es fand sich auf die schnelle keine betreuung. ihr gegenüber der vater der kinder, mit dem sie zusammenlebt.

die gesamte verhandlung über hat sie die beiden kinder an sich, auf sich. das kleinere läuft immer wieder durch den saal, hangelt sich an stühlen hoch die bedrohlich wackeln – sie steht auf, pflückt das kind vom stuhl, gibt was zu essen, muss ständig neu nachfragen, weil geschrei und geheul.

der vater? sitzt. starrt auf seine hände. verhandelt werden regelungen beide betreffend, mann/frau, vater/mutter. er aber sitzt als würde kein kind zu ihm gehören. irgendwann sagt jemand was, ab da schaut er wenigstens mal zu seinem turnenden kind – es davon abhalten vom stuhl auf den boden zu knallen tut wieder die mutter, die jedesmal ihren platz verlassen muss, um zum kind zu gelangen. wohingegend der vater auf armlänge von diesen entfernt sitzt.

und bei der beobachtung dieser szene wird mir so deutlich was grundsätzliches klar:

diese frau ist meine freundin, die sich neben arbeit und haushalt nahezu alleine um ihre kinder kümmert. diese frau ist meine kollegin, die in einem rasanten tempo alles abarbeitet, um dann so schnell wie möglich heimzuhetzen weil dort noch gekocht werden muss für die kinder die von der schule kommen. diese frau ist meine mutter, die neben ihrer arbeit und weiteren kindern, einem buch schreiben und in verschiedenen elternbeiräten sitzend auch noch alles andere im alltag am laufen gehalten hat. diese frau ist meine bekannte, die sich von ihrem gewalttätigen mann getrennt hat. diese frau ist meine tochter, die für viele nächste jahre angst haben muss wenn sie alleine unterwegs ist. diese frau ist jede einzelne von uns. sie ist ich, ich bin sie.

wir leben in den unterschiedlichsten kontexten – wir sind arm, reich, leben auf dem land oder in der stadt, wir haben unterschiedliche schulabschlüsse, wir sind verheiratet oder geschieden, wir sind alleine oder eingebunden in einen grossen freundenkreis. wir arbeiten oder sind zu hause. wir sind alt, jung, sind laut oder leise.

aber woran wir verzweifeln, was uns lähmt, angst macht, wütend und verzweifelt, wofür wir kämpfen oder wogegen wir uns wehren: der kampf der einen, ist immer der kampf der anderen. wir leiden an denselben themen, auch wenn sie unterschiedlich wirken in unseren leben. es ist so wichtig, das im kopf zu behalten und die energie lieber in die disziplin zu legen, alles äusserlich trennende beiseite zu schieben und die gemeinsamkeiten zu erkennen als die energie in die kommentierung und bewertung der äusserlichkeiten zu legen.

solidarität – its a thing.

gas und bremse.

ich stehe mit der tochter am krankenbett ihrer mutter. es geht um eine unterschrift unter einen antrag für die kasse. ich hatte der mutter schon gestern versucht zu erklären, dass sie nicht ihre heimunterbringung unterschreibt sondern erstmal nur die beantragung eines pflegegrads. ich habe diesen umstand auf ungefähr 20 verschiedene arten erklärt – der blick, der auf mich fällt bleibt derselbe: misstrauisch, ich sehe es hinter ihren augen arbeiten aber sie kommt zu keinem ergebnis – soll sie mir trauen oder nicht. ich bin mir nicht mal sicher, wieviel sie versteht. weil ich niemanden irgendwas unterschreiben lassen darf und will, was diese nicht versteht, verabrede ich mich mit der tochter für den nächsten tag.

wir stehen also dem bett der mutter, die tochter ist eine sehr angenehme person, aber sie wirkt gehetzt, sie hat das tempo eines menschen, der mitten im leben steht. ihr alltag mit arbeit, haushalt, kindern und wie ich später erfahre zwei weiteren zu versorgenden erwachsenen lässt keine zeit für verzögerungen zu, man merkt ihr die ungeduld an, die sie versucht zu kaschieren, was nicht gelingt. die mutter mit ihrem nicht verstehen der situation, den immer wieder am thema vorbeigehenden rückfragen – sie tritt auf die bremse, verlangsamt das leben der tochter, die einfach weiter aufs gas drückt. drücken muss.

sie erklärt in sehr schnellen worten ihrer mutter, was es warum zu unterschreiben gilt, die mutter blickt mich an, blickt die tochter an, sagt nichts. sie kommen mir vor wie in einem kampf – gas, bremse, gas, bremse, alles ruckelt und schüttelt die beiden durch. die stimme der tochter wird immer ungeduldiger, die mutter sagt gar nichts mehr.

die tochter schaut mich an, erzählt aus ihrem alltag, der randvoll gestopft ist, ihre augen laufen über, sie ist am ende ihrer kräfte. die rechtfertigungen, warum sie ihre mutter auf keinen fall zu hause aufnehmen kann, würge ich ab – ich war noch nie davon überzeugt, dass es einen automatismus im kümmern gibt, keinen generationenvertrag, der festlegt, dass kinder sich um ihre eltern kümmern müssen. sie ist erleichtert, ich habe den eindruck, sie hat sich selbst diese rechtfertigung schon hundertemale vorgesagt.

die mutter sieht die tränen der tochter, sie spiegeln sich in den eigenen die jetzt plötzlich in ihren augen stehen und sie sagt laut „das ist doch alles scheiße“ und ich denke ja, alles hier ist verkehrt und scheisse und es bricht mir das herz, diese menschen in dieser situation zu erleben.

gas. bremse. voller lauf und stillstand. selbstbestimmtheit die im alter plötzlich aufhört, die man sein leben lang hatte und die irgendwann kollidiert mit der schnelligkeit derer, von denen man abhängig ist. weil selbstbestimmtheit im alter in vielen bereichen nicht konform geht mit dem tempo, in dem entscheidungen getroffen werden müssen, mit dem tempo, mit dem das leben der anderen gelebt und organisiert wird.

morgen werde ich ihr erklären müssen, dass das erst der erste schritt war. dass es noch keine dauerhafte lösung für ihre versorgung gibt. ich werde mir extra zeit nehmen. vielleicht kann ich sowas wie die gangschaltung in diesen gefügen werden, ein zwischenschalten von phasen die zeit schaffen für entscheidungen, bevor es in den nächsten gang geht.

männer.

3 beobachtungen der letzten zeit: ich trete an das bett eines männlichen patienten, er trägt eine boxershorts, alles ist sichtbar da er sein gesundes bein abgewinkelt hat. er ist völlig vertieft in die beantwortung meiner fragen und beginnt sich im schritt zu kratzen. so wie sich eine träge katze in der sonne entspannt bisschen kratzt. kratzen und schieben. als ich ihn bitte sein bein wieder anzuwinkeln oder sich seine decke rüberzuziehen wird er knallrot. er hats einfach nicht gemerkt.

in der u- bahn steht ein mann neben mir, der eine maske trägt deren schlaufen seine ohren abknicken. die ohren sind sehr rot, an der knickstelle ist die haut weiss. er scheint die maske schon sehr lange so zu tragen und es verursacht mir fast körperliche schmerzen – das hinsehen und das nicht einfach zurecht zuppeln der maske.

im fitnessstudio neben mir ein mann mittleren alters an einem kraftgerät. er hat fast die höchste gewichtszahl eingestellt. er reisst an den stangen, verzerrt sein gesicht, stöhnt laut auf und seine haltung bei der durchführung zeigt, dass ihm das eigentlich recht weh tun müsste was er da tut. er reisst erneut und tut dies hintereinander in schneller abfolge, leicht schief sitzend, mit viel zu viel gewicht ca. 40x. ich bin keine physiotherapeutin, stimmt, aber gesund sieht das nicht aus. auch nicht normal.

keine der drei beobachteten szenen haben ich je bei einer frau gesehen. und ich komme nicht umhin zu überlegen, ob männer von ihrem körpergefühl oft so entfremdet sind, dass sie bestimmte dinge rund um ihren körper gar nicht spüren oder ihn angemessen wahrnehmen in einem raum oder einer bewegung oder einem schmerz. mir fällt der begriff „männergrippe“ ein, ein sprachsymbol für jammernde männer, für die sich eine einfache erkältung offenbar schlimm anfühlt. ich denke auch an die männer, die mit blutenden eingeweiden irgendwo sitzen und schneeweiß im gesicht noch abwinken und sagen alles sei eigentlich ganz ok. mir fallen die männer in meiner arbeit ein, die auch auf mehrfaches nachfragen wie sie sich fühlen nicht in der lage sind darauf zu antworten und mir stattdessen weiterhin ihre fakten nennen. und es ist nicht so, dass ich von einer bestimmten generation, herkunft oder schicht spreche, da ist alles dabei. und jedesmal fühle ich mit, was für einen stress, was für eine abwehr, was für eine angst, was für eine ohnmacht aus all ihrem verhalten spricht und wie weit der weg ist, ihnen da raus zu helfen.

ich habe keine ahnung, was dagegen tun. ich habe nur immer wieder das gefühl, dass wir männer nicht aufgeben dürfen. und gleichzeitig ahne ich, dass nicht wir frauen diejenigen sein können, die männer aus ihrem patriarchat befreien können. es muss aus den eigenen reihen kommen, so wie es auch frauen selbst schaffen müssen sich aus dem patriarchat zu befreien und das bereits tun und einen weiten vorsprung haben. was wiederum für so große verwirrung bei den männern sorgt und erheblichen widerstand gepaart mit großer hilflosigkeit. heute abend zb hatte ich ein telefonat mit einem mann, der der exfrau die sorgerechtsvollmacht verwehrt, einfach nur, weil er nicht weiß wie er aushalten soll, dass sie sich unabhängig gemacht hat von ihm. diese scheiss sorgerechtsvollmacht ist das einzige stück „beziehung“, dass es noch gibt, es ist eine scheiß beziehung, kein mensch will sowas. aber er kann nicht lassen davon weil – was stattdessen? und ich zwinge ihn hinzusehen, ich hake nach, ich drehe eine fragerunde nach der anderen, zwischendurch stockt er und schweigt und ich merke, dass er merkt, dass da noch was anderes ist in ihn und dann sagt er doch wieder „nein, kriegt sie nicht.“ keine begründung, keine erklärung nichts. nur dieses „nein“ um des neins willen und in ermangelung von alternativen in ihm. und ich bin empathisch, ich fühle diese wut, ich verstehe sie sogar. was ich nicht verstehe ist die konsequente verweigerung in sich zu blicken. denn glücklich und das ist der witz, glücklich ist er nicht. und mit diesem unglücklichsein verbunden ist der latente hass auf frauen. wie oft ich den erlebe. das geht über schlichte verweigerungen bis hin zu gewalt, auch hier alle altersstufen, alle herkünfte, alle schichten. und ich wage zu behaupten, dass es nicht eine reaktion auf die beziehungsgeschichte ist, die ist oft nur öl ins feuer. es ist ganz oft das unvermögen von anfang an zu spüren was in einem ist und vor allem zu sagen was in einem ist. die frauen stehen oft in jahrelangem rätselraten vor diesen männern, opfern sich auf, geben erklärungsbeispiele und erreichen nichts. ausser ihre ausgebranntheit, ihre wut und ihren frust – kein wunder wollen frauen nicht mehr männern die welt erklären.

was also tun? ich wünschte ich wüsste es. im grunde weiss ich es, aber dafür ist keine zeit – wer hat schon zeit uralte patriarchale (alleine dieses scheißwort ist so schwierig zu schreiben, dass ich schreien möchte) muster aufzubrechen? aber wir werden nicht drum herum kommen – es sind so viele. ich kann mittlerweile anhand 5 minuten gespräch herausfinden, mit was für einem typ mann ich es zu tun habe, wie weit ich in eine lösung komme und wie die verhandlung endet. und ich sags wies ist: das ist scheisse und enervierend. weil es auch so wenig bemühen gibt von seiten der männer sich einfach mal auf was neues einzulassen – während frauen ständig an ihren seelen rumzuppeln, da reinhorchen, dort hinblicken machen die meisten männer irgendwie gefühlt – nichts. und sie machen es glaube ich nicht, weil sie das alles doof finden, sondern weil sie nicht wissen wie! und man komme mir nicht mit irgendwelchen männerseminaren, wo gemeinsam getrommelt wird, der weihrauch raucht und sich am ende alle in den armen liegen und jetzt ihre mitte und weiblichen anteile gefunden haben. das ist bullshit. das sind 1 % und die restlichen 99% lachen drüber. man muss so einen bestimmten ton finden, auch als frau (schon wieder müssen wir irgendwas aber ja sorry! isso!) einen ton zwischen ernstnehmen, ehrlichem ernstnehmen der ohnmacht und hilflosigkeit und in den arsch treten, nicht liebevoll sondern konkret. einen patriarchalen ton, den sie kennen und verstehen gemischt mit was neuem. ich habe die erfahrung gemacht, dass das geht. aber den rest müssen sie selbst leisten und noch mehr diejenigen männer, die vielleicht schon näher dran sind an ihren gefühlen. und DAS ist leider auch so ein manko: diejenigen, die da schon mehr zugang haben, mehr begriffen haben, weiter gedacht haben – die bleiben irgendwie unter sich. als seien sie froh, der qual des patriarchat entkommen zu sein und nie mehr zurückzublicken.

das ganze ding hier hat kein ende und erst recht keine lösung. es hat keinen aufforderungscharakter für frauen, weiter den erklärbär zu machen für männer, aber einen aufforderungscharakter an die männer, die schon eine ahnung haben, wie es sich anfühlt das P. zu verlassen und neue wege zu gehen. seid vorbild, redet, immer wieder, zeigt wege auf, alternativen, macht die befreiung attraktiv! und erzieht eure söhne anders. seid mutig, sprecht, weint, erzählt von eurem leben, eurem leiden, euren gefühlen. lebt vor. irgendwie muss es klappen, sonst wirds echt finster.

am ende noch ein zitat von bell hooks aus „männer, männlichkeit und liebe. der wille zur veränderung“ das diesen beitrag irgendwie gut zusammenfasst: „das patriarchat als symbol hat männern den zugang zu umfassendem emotionalem wohlbefinden verwehrt, was nicht dasselbe ist wie das gefühl, erfolgreich oder mächtig zu sein, weil man die kontrolle über andere ausüben kann. um den männlichen schmerz und die männliche krise wirklich anzugehen, müssen wir bereit sein, die harte realität aufzudecken, dass das patriarchat männer in der vergangenheit geschädigt hat und auch in der gegenwart schädigt. (…) wir müssen zufluchtsorte schaffen, in denen jungen lernen können, so zu sein, wie sie sind, und nicht gezwungen werden, sich den patriarchalen männlichkeitsvorstellungen anzupassen. um jungen richtig zu lieben, müssen wir ihr innenleben so wertschätzen, dass wir sowohl im privaten als auch im öffentlichen bereich welten schaffen, in denen ihr recht auf ganzheitlichkeit konsequent bestätigt und gefeiert werden kann, in denen ihr bedürfnis zu lieben und geliebt zu werden erfüllt werden kann.“

irgendwann ist auch mal gut.

neulich las ich den satz „bist du wirklich unglücklich oder hast du dich nur an den gedanken, unglücklich zu sein, gewöhnt?“ und es machte klick.

ich habe mich die letzten jahren permanent mit mir selbst beschäftigt. ich habe bis in die letzte ecke meiner seele geblickt und jede gefühlsregung, jede aufregung, jeden gedanken der mir kam analysiert und in einen kontext gebettet, mir erklärt, ihn bearbeitet und integriert. ich hatte letztes jahr schon mal die ahnung, dass das so nicht weitergehen kann. wo ich zuvor sinnsprüche oder aussagen von psychologen oder auch selbsterfahrungskonzepte aus neugier und wissensdrang studierte und auf mich und meine themen anwendete, spürte ich plötzlich einen erheblichen widerstand: ey noch ein buch? noch ein konzept, mit dem ich mich hinterfragen soll? noch eine selbstoptimierung? ich wischte das alles erstmal weg, weil es mir so in fleisch und blut übergegangen war und mir der gedanke, damit aufzuhören, einfach zu sein, eine echte angst einjagte. was wenn ich dann was übersehe und alles den bach runter geht? was wenn ich nicht weiter an mir arbeite und andere mit meinem verhalten verletze? was wenn ich irgendwas falsch mache und die leute böse auf mich sind? was wenn ich plötzlich oberflächlich und einseitig werde?

bei dem darüber nachdenken fiel mir auf, dass es einen anteil an meiner ständigen selbstreflektion gab, der viel mit außenwirkung zu tun hatte. ich hatte ein bild von mir geschaffen, dass mich so über den dingen stehen ließ, weil ich selbst in den verwirrendsten krisen und themen immer die kontrolle hatte. mein bruder sagte mal ich sei wie teflon, ein satz den ich lange nicht verstand, der mich ziemlich verletzte, aber heute verstehe ich was er meinte. wer alles auseinander nimmt, für alles eine erklärung, für alles verständnis hat, sich selbst so hart reflektiert und immer wieder kritisiert und an sich arbeitet – der wird zumindest in der außenwirkung unangreifbar. nicht, dass das mein ziel gewesen wäre, aber ich wollte es allen recht machen und einfach für jede facette meines verhaltens und dem des gegenübers eine erklärung haben und damit das problem so runterbrechen, dass es kein massiv mehr darstellte, sondern handhabbare stücke. hinzu kam sicherlich, dass mein beruf dieses verhalten förderte – zwischenmenschliche situationen zu analysieren, darauf zu reagieren und lösungen zu finden gehört dazu und wenn ich nicht gerade meine probleme analysierte, dann halt die anderer menschen.

ich spürte schon letztes jahr, wie wahnsinnig energieraubend das verhalten von mir war. und manchmal denke ich, dass mein erster ausbruchsversuch aus meinem berufsfeld auch der unbewusste versuch von mir war, aus der nummer irgendwie rauszukommen. zuviel energie floss in diese habachtsstellung, was denn nun schon wieder für ein thema da war, was das mit mir, meiner vergangenheit und dem jetzt zu tun hatte und was die lösung dafür war. weil ich nicht nur beruflich so versiert in unterschiedlichsten methoden bin, solche themen anzugehen, automatisierte sich ein problemlösungsprozess in mir, der irgendwann nur noch auf autopilot gestellt war. man verstehe mich nicht falsch: weite teile meines prozess waren bis zu einem bestimmten zeitpunkt nicht nur dringend notwendig sondern auch gut und richtig, wie ich noch im märz feststellte. ich stünde heute nicht da wo ich stehe, wenn ich das nicht gemacht hätte. aber irgendwann ist alles durchdacht, alles durchfühlt, alles integriert und das was dann noch übrig ist, ist nicht reparabel. es wird nie vollständig weggehen, aber es ist handelbar(er). und das ist völlig ok. alles was aber darüberhinaus geht an selbstreflektion und hinterfragen, wird destruktiv und bringt einen immer weiter von sich selbst weg – was absurd klingt, weil ja alles eigentlich darauf angelegt ist, zu sich selbst zu finden. aber wenn man den punkt der findung seines selbst verpasst, entfernt man sich wieder von sich.

und ich glaube, dadurch kann so etwas wie eine „such-sucht“ entstehen – das suchen an sich nämlich hält ganz schön auf trab, das beschäftigen mit problemen und themen an sich, schafft eine lebendigkeit, die bis zu einem bestimmten punkt gut ist und notwendig darüberhinaus gleicht es dann aber oft der suche nach neuem drama und dem daraus vermeintlichen gefühl, ja doch so lebendig zu sein – übrigens auch lebendiger als andere. an der stelle kommt oft gerne noch eine gewisse überheblichkeit ins spiel, die auch wieder den kick bringt. been there, done that. ich glaube, dass das nervensystem sich ab einem gewissen grad an drama und der damit verbundenen lebendigkeit bez. erregung gewöhnt. hört das drama auf, stellt sich kurzfristig ein release ein, der aber nur so lange währt, wie das nervsystem wie ein süchtiger das neue drama braucht um wieder in wallung zu kommen. ich selber erfahre das gerade: seit ich aufgehört habe, mich so umfassend mit jeder gefühlsregung in mir auseinanderzusetzen, komme ich mir, kommt mir mein leben, entsetzlich langweilig vor. und ich muss mich immer wieder daran erinnern, dass mein nervensystem in den letzten jahren ein energiepegel gewöhnt war, das nicht normal und sehr energieraubend war. und dass normalität gut ist, dass leichtigkeit keine gefahr bedeutet und ruhe und frieden keine oberflächlichkeit. und dass ich keinen deut besser bin als andere menschen, was den grad der selbstreflektion oder selbsterfahrung angeht.

der oben genannte satz, den ich auf mich umformulierte „bist du wirklich so unfertig oder hast du dich nur an den gedanken, unfertig zu sein, gewöhnt?“ ließ mich genau diese differenzierung vornehmen: ich bin nicht wirklich so unfertig und ungeheilt, aber der gedanke es zu sein, ist mir so in fleisch und blut übergegangen, dass ich den zeitpunkt verpasst habe, an dem ich wirklich fertig und geheilt war. der drang zur permanenten optimierung hat mein nervensystem gegrillt (schönster ausdruck übernommen von sabine) nun ist es zeit, es wieder zu entwöhnen vom thrill der selbsterfahrung und selbstreflektion.

trichter.

ich war vor kurzem seit längerer zeit wieder verreist – ein kurzer trip nach graz, ohne irgendwelchen konkreten termin. einfach nur endlich mal wieder raus nach den langen monaten des erzwungenen stillstands. und dabei fiel mir was an mir auf: ich hatte richtiggehend sorge und angst und schwarzmalerei was diesen trip anging. in mir poppten vermeintliche annahmen darüber auf, was wohl alles passieren könnte: autopanne unterwegs, schlechtes hotel, wie finde ich den weg überhaupt dorthin, was – knapp drei stunden bis graz? und nicht über die autobahn? wo ist überhaupt diese bundesstrasse? und wie manage ich das vor ort mit gepäck……in einer tour. und es machte mich wirklich sprachlos, weil es zum einen wirklich die unsinnigsten ängste überhaupt waren und zum anderen, weil es ein bild von mir zeichnete, das ich bis dato null kannte. es war diese nörgelnde jammerstimme in mir, die ich nur von alten menschen kenne. ein permanentes übervorsichtig und angstvoll sein, ohne jeglichen anlass. ein vermeidungsverhalten, am besten im vorfeld schon alles in frage zu stellen, damit man im fall der fälle sagen kann „seht ihr, hab ich gewusst.“

dann war ich vor ein paar tagen auf einem vortrag von thomas müller im rahmen eines HR workshops. vornehmlich ging es um die frage nach welchen bewussten und unbewussten kriterien bewerber ausgesucht bez. eingestellt werden. alles ganz spannend, aber dann brachte müller eine metapher ins spiel, die mich seitdem nicht mehr loslässt:

er erklärte, dass mit zunehmendem alter, er meinte ab 45, das leben bez. der erfahrungshorizont eines menschen sich sukzessive wie ein trichter verengt – je älter um so enger. das läge daran, dass menschen bis zu diesem zeitpunkt so viele erfahrungen gemacht hätte, dass sie – unbewusst – schneller entscheiden würde wie gefährlich oder angstbesetzt eine situation ist oder scheint und sie deshalb situationen die neu oder anders sind als bisher, vermeiden würden. dadurch würden sich aktions- und erfahrungsradius mehr und mehr verengen. das wär in größeren bezügen so was wie zb. keine jobwechsel mehr oder keine neuen bekanntschaften. in kleineres bezügen zb. nur noch dasselbe hotelzimmer am selben urlaubsort, weils da letztes jahr schon so toll war. und irgendwann verlässt man gar nicht mehr das haus.

natürlich gibt es ausnahmen und natürlich hängt so eine konstante erweiterung des erfahrenshorizonts zb. auch von finanziellen und persönlichen (wenn ich wen zu betreuen habe zb.) voraussetzungen ab. aber grundsätzlich fand ich die gedankliche beschäftigung mit diesem trichter sehr gut – gerade weil ich ihn, bestimmt auch coronabedingt, tatsächlich schon angefangen habe zu spüren siehe mein grazwochenende, bei dem übrigens nichts von all dem mindfuck im vorfeld eingetroffen ist.

müller meinte in seinem vortrag, dass man versuchen solle jeden tag irgendwas anders zu machen als sonst. ob das ein anderer weg ins büro sei, den man noch nie gefahren/gegangen sei oder mal mit jemandem sprechen mit dem man schon lange oder auch noch nie gesprochen hat. was essen, was man noch nie gegessen hat oder zumindest sehr selten. neues ausprobieren, wo immer sich die möglichkeit bietet. ich würde das gerne auch noch erweitern um den gedanken, dass man ruhig auch öfters mal was angehen sollte, was einem angst bereitet oder auch nur sorge, dass was passieren könnte. so ein bisschen sich selbst triggern und kontraphobisch an was ran gehen – bei mir wäre das sicher vieles was so im zwischenmenschlichen bereich liegt oder auch dinge, die ich alleine machen müsste, eine schwierige bergwanderung vielleicht in unbekanntem gelände, einfach etwas, wo ich so ganz auf mich alleine geworfen bin ohne backup.

ich könnte mir vorstellen, dass es vielen so geht bez. viele die erfahrung kennen, dass es einfach auch angenehm sein kann sich in engeren gefilden zu bewegen. aber müller meint auch, und da stimme ich ihm zu, dass es immer schwieriger wird den trichter wieder zu erweitern, jede weiter man unten ist. lieber rechtzeitig anfangen und beständig dran bleiben. es muss nicht immer die riesenveränderung sein, der ganz große schritt. schön fand ich bei den ideen, die er nannte, dass es kleine, ganz simple dinge sind, die dann ohnehin durch selbstwirksamkeit dafür sorgen, dass man sich dann auch größeres zutraut.

erfüllung.

als ich vor ein paar wochen einen cut machte, meine arbeitsstelle, sogar meinen gesamten bisherigen berufszweig verliess um woanders völlig neu anzufangen, da dachte ich das wäre es jetzt erstmal mit meinem drang nach „mensch, geht da noch was?“

und muss feststellen: irgendwie wars das noch nicht. ich merke eine immer wiederkehrende unruhe, insbesondere in momenten der ruhe wie urlaub oder neulich quarantäne. es fühlt sich an wie eine offene stelle in mir, aus der heraus ständig rufe zu hören sind: und was jetzt? das passt noch nicht! das soll es jetzt sein? im untergrund geht es eigentlich um die frage was mir erfüllung schafft. ich bin damit aufgewachsen, dass erfüllung, sinnhaftigkeit, daseinsberechtigung gar durch arbeit und die damit verbundene leistung entsteht. eine ganz simple protestanisch-preußisch rechnung, mit der muttermilch aufgesaugt: der eigene wert entsteht durch leistung. ich hab grundsätzlich kein problem mit leistung – das problem entsteht für mich dadurch, dass ich irgendwie zu sehr meinen wert und vor allem sinnhaftigkeit mit leistung verknüpft habe. was dazu führt, dass ich viele dinge außerhalb eines arbeitskontextes gar nicht erst beginne, weil sie nicht sinnhaft genug erscheinen. ich kritzle gerne einfach vor mich hin? schön, aber mit welchem ziel? welchem sinn? achso! nur weils spaß macht? nun ja. bisschen wenig. ich sitz gerne einfach in einem sessel und lese? ja, schon cool, ist ja auch durchaus sinnhaft, aber ist es denn dann wenigstens ein fachbuch oder irgendwas Intellektuelles? äh nein, einfach ein roman. ach so ja ne, besonders sinnhaft ist das ja nicht.

bisher war mein leben stark geteilt: ich arbeite, damit beruhige ich diesen leistungsteil in mir und darf dafür dann vermeintlich sinnentleerte dinge tun. erklärt auch, warum dieses thema immer in ruhezeiten aupoppt, wenn ich durch urlaub oder krankheit nicht arbeite. eine zeitlang kann ich das aushalten, die zuvor geleistete arbeit trägt noch ein bisschen zur kompensation bei, doch dann kippt es und dann ist meistens auch gott sei dank der urlaub rum und ich kann wieder arbeiten und alles ins lot bringen.

seit beginn meiner beruflichen veränderungsreise letztes jahr im sommer aber gibt es immer öfters einen großen widerstand gegen dieses innere system in mir. es gab nicht umsonst jahrelang den gag von mir, dass ich irgendwann alles hinschmeisse und bei billa ans band gehe, nur noch arbeite um geld zu verdienen um dann machen zu können was ich will. geile vorstellung – nur leider funzt das nicht bei mir, denn ich kann die frage nach erfüllung außerhalb von arbeit als leistungssystem nicht beantworten. manche sagen kinder und familie, da muss ich leider passen, ich habe noch nie was davon gehalten, andere leute zur erfüllung meines lebenssinn heranzuziehen. manche sagen hobbies, auch feine sache, doch da habe ich ständig diese kollusion mit meinem leistungsgedanken.

und auch die sache mit dem hinschmeißen funktioniert nur leidlich: als ich im januar meine alte arbeitsstelle verliess und an eine hotelrezeption ging, hielt das gerade mal 2 wochen bis ich das angebot zur arbeit im management bekam. wo ich jetzt sitze und mich wieder frage: das war doch nicht was ich wollte? oder doch?

ich darf mal spinnen: wenn mich gleich eine fee fragen würde, was ich denn mal so richtig gerne machen wollen würde, würde ich sagen ich hätte gerne einen eigenen hund und würde gerne entweder züchten oder eine hundepesnion aufmachen, ein tierheim oder eine hundeschule. und ich schreibe das und muss schallend lachen – weil hej! wie super gesponnen ist das denn? und was für ein unerhörter gedanke…..

oder doch nicht? was hindert mich eigentlich daran, genau den einen weiteren schritt zu machen und zu sagen das mache ich jetzt? ich kündige, arbeite für den lebensunterhalt und versicherung irgendwo für 450€, mach ein paar sachen in meiner selbständigkeit um geld zu haben und den rest der zeit bau ich mir das auf. es wäre wirklich erfüllung, es wäre eine herzensangelegenheit, und wenn nicht – dann mach ich halt was anderes.

wie überwinde ich diese zweiteilung in mir – arbeit vs. erfüllung? wie überwinde ich die angst vor dem scheitern? die angst vor was überhaupt? je mehr ich in den gedanken eintauche umso sprachloser wird die angst – sie ist alles und irgendwie ist sie nichts. kaum greifbar, so non-verbal verankert, nur gefühl. und ja, es gibt menschen, die haben beides – herzlichen glückwunsch, die bilden wahrscheinlich 4% bevölkerung ab. der rest hat noch nicht mal die wahl sich diese frage zu stellen, hier gehts stark um privilegien, ich bin mir dessen sehr bewusst.

vielleicht ist der erste schritt anzunehmen, dass es das noch nicht ist, dass der weg weitergeht. zu spüren, dass es einen sehr ernsthaften anteil im spass gibt, der ernst genommen werden will – don´t give up on me, auch hier. vielleicht ist der zweite schritt, arbeit mal anders zu definieren, etwas loszulassen von einem leistungsanspruch und vor allem davon, dass arbeit meinen wert definiert.